Kants Botschaften bleiben aktuell


Am Eingang des Tagungshauses in der Krummholzstraße in Breisach war aus der Ferne vom Festival „Pinot and Rock“ Alice Cooper zu hören, im Innenraum ging es dann bedächtig weiter. Die Desiderius-Erasmus-Stiftung hatte eingeladen, sich „Auf Kants Spuren“ zu begeben. Als Kenner dieser Spuren referierte der lange an der Pädagogischen Hochschule Freiburg lehrende Professor der Philosophie Reinhard Hesse (geb. 1945).

Zunächst begrüßte Volker Kempf aus Breisach vom Trägerverein der Stiftung die Gäste. Er ging auf die Bezeichnung Europastadt auf den Ortsschildern der Stadt ein. Wenn man den Begriff Europa ernst nehme, umfasse er Kulturlandschaften, aber auch eine Geisteslandschaft. Hier ragten Platon und Aristoteles heraus, auch Immanuel Kant. Aber Kant werde wie so manche Kulturlandschaften wohl verkannt, sein 300. Geburtstag dieses Jahr sei eine Gelegenheit sich auf der Suche nach geistiger Orientierung seines Denkens zu vergewissern.

An diese These schloss Hesse seinen Vortrag an. Immanuel Kant gehöre neben Sokrates und Konfuzius zu den drei wichtigsten Denkern weltweit. Hesse gab Einblicke in Kants Werke und ging auf Sätze daraus ein, die allgemeines Kulturgut geworden sind wie beispielsweise „Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen“. Das sei in Zeiten der Massenmedien und darin vorgegebener und ständig wiederkehrender Meinungen hochaktuell. Das Internet sei eine Bereicherung, da es ermögliche, sich umfassender zu informieren und so weniger abhängig von den Leitmedien zu sein.

Sich des eigenen Verstandes zu bedienen erfordere den Mut, dem Konformismus zu widerstehen und dem Zeitgeist nicht zu verfallen. Kant habe auf die Weltgeschichte geblickt, die vor allem beweise, wie selbstgefällig und destruktiv es meist in ihr zugehe. „Der Mensch“, so laute diesbezüglich ein bekannter Satz von Kant, sei „aus krummem Holz“ gemacht. Es gelte so gut es gehe Vernunft und Dialogbereitschaft anzustreben. Es sei der Abbruch von Dialog nach Beobachtung des Referenten heute leider viel zu häufig, die nächsten Schritte führten dann zu Gewalt und Krieg. Eine besorgniserregende Kriegsrhetorik sei heute in Deutschland viel zu oft zu hören. Diplomatie bedeute dagegen Dialog, dieser sei der Weg, der zum Frieden führen könne. 

Mit umso mehr Bedauern berichtete Hesse von der internationalen Kant-Tagung vom April diesen Jahres in Königsberg. Die deutsche Kant-Gesellschaft habe ihre Teilnahme abgesagt wegen des Angriffskrieges von Russland gegen die Ukraine. Nach Kant selbst aber müssten Philosophen zum Dialog miteinander bereit sein. Der Vorsitzende der besagten Gesellschaft habe noch als Privatperson auf dem Kant-Kongress in  deutscher Sprache referiert, er selbst habe ebenfalls einen Vortrag gehalten. Die Übersetzungsleistungen der Vorträge seien gut gewesen, die Atmosphäre herzlich. Das sei so in der deutschen Berichterstattung nicht vermittelt worden.

Dem Vortrag von Hesse schloss sich eine rege Diskussion unter anderem zu Aspekten von Kants Schrift „Vom ewigen Frieden“ an, die auch 300 Jahre nach Kants Geburtstag uns heute noch etwas zu sagen habe und nicht zu verkennen sei.  (Bild und Text MK)

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